Gastkommentar von Karl Gerhold für das Handelsblatt

Nachfolgenden Gastkommentar von Dr. Karl Gerhold veröffentlichte das Handelsblatt in seiner heutigen Ausgabe (5. Mai 2015):

Zum Scheitern verdammt

Karl Gerhold glaubt, dass ein Ausbaustopp für industrielle Kraft-Wärme-Kopplung falsch wäre

Für Unternehmer ist Planungssicherheit ein hohes Gut. In diesen Tagen scheint dieser Begriff allerdings nicht mehr zum aktiven Wortschatz der Politik zu gehören. Das Bundeswirtschaftsministerium hat jüngst seine Pläne zum Strommarkt veröffentlicht. Nicht zu Unrecht entbrennt um einige der vorgeschlagenen Maßnahmen Streit.

Die Gemüter erhitzen sich dabei vornehmlich am planwirtschaftlich anmutenden „CO2 - Klimabeitrag“ für alte Braun- und Steinkohlekraftwerke und an einer nicht ausreichenden Förderung kommunaler Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Kritik am Förderstopp industriell eingesetzter Kraft-Wärme-Kopplung hört man dagegen zu wenig. Dabei ist gerade sie so wichtig.

War die hocheffiziente und CO2-einsparende KWK-Technologie noch im Koalitionsvertrag oder im Energiekonzept der Bundesregierung als besonders förderwürdig erkannt worden, vollzieht das Bundeswirtschaftsministerium nun eine Kehrtwende und denkt dabei fast nur in den Grenzen des Strommarktes.

Die Kraft-Wärme-Kopplung ist aber die tragende Säule zum Gelingen der Energiewende, im Strom- und im Wärmemarkt gleichermaßen. Sie zu beschneiden hieße, ein wichtiges flexibles Instrument – quasi ein Schweizer Taschenmesser der Energiewende – aus der Hand zu geben. Warum ist das so?

Mit der EEG-Reform 2014 sind ehrgeizige Ausbauziele für den Stromerzeugungsanteil aus Erneuerbaren Energien festgelegt worden. Bis 2025 sollen 40 bis 45 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, bis 2035 gar 55 bis 60 Prozent. Somit wird Strom aus Erneuerbaren Energien, der abhängig vom Wetter nur volatil erzeugt, aber mit Vorrang in unsere Stromnetze eingespeist wird, die Netze zunehmend belasten, während grundlastfähiger Strom aus konventionellen Kraftwerken – atomar wie fossil - rückläufig ist.

Dieser Zusammenhang ist Ausgangspunkt für viele weitere Überlegungen. Überlegungen etwa nach Kapazitätsreserven oder einem umfassenden Kapazitätsmarkt zur Absicherung der Grundlasten, nach dem Netzausbau und nach innovativen und bezahlbaren Speichertechnologien.

KWK-Anlagen erzeugen nun mit höchster Energieeffizienz in einem Vorgang gleichzeitig Strom und Wärme - Heizwärme für Wohnungen und Prozesswärme für die Industrie. Sie können dezentral am Ort des Verbrauchs errichtet werden, ohne hohe Investitionssummen für zusätzliche Netze und Speicher. Gerade im industriellen Bereich eingesetzte KWK-Anlagen können über das ganze Jahr und nicht allein über die kalten Monate wie bei kommunaler Kraft-Wärme-Kopplung eine hohe thermische und elektrische Grundlast bei Wirkungsgraden von über 90 Prozent erzielen. Es steht ganzjährig gesicherte Kraftwerksleistung zur Verfügung. Das wirkt netzentlastend und –stabilisierend zugleich, ist hocheffizient sowie ressourcen- und umweltschonend. Eigenschaften also, die für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende dringend benötigt werden.

Die Bundesregierung sollte daher mindestens an ihrem ursprünglichen Ausbauziel von 25 Prozent Anteil der KWK an der gesamten Nettostromerzeugung bis 2020 festhalten und die Kraft-Wärme-Kopplung - zur Einspeisung in das öffentliche Netz und für den Eigenverbrauch – wesentlich stärker als bisher fördern anstatt sie zurückzufahren. So lassen sich durch klimaschonende KWK-Technologien auch CO2-Einsparungen in relevanten Größenordnungen realisieren. Das Argument steigender Strompreise trägt wenig, da ohne diesen KWK-Ausbau an anderer Stelle unseres komplexen Energiesystems neue Löcher entstünden, deren Stopfen die Stromkunden ungleich höher belasten würde.

Der Autor ist geschäftsführender Gesellschafter der Energiedienstleistungsunternehmensgruppe GETEC mit Stammsitz in Magdeburg.

05.05.2015 

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